Bernhard Amann im Interview

Landtagswahlen in Vorarlberg - Die etwas andere Liste

Als "Anarchist" wird der Spitzenkandidat einer etwas anderen Liste bei den Landtagswahlen in Vorarlberg am 19. September 2004 bezeichnet. Dabei ist Bernhard Amann, Stadtrat in Hohenems und Obmann der IG Kultur Österreich, der Sohn eines ehemaligen ÖVP-Bürgermeisters von Hohenems. Die Liste zur Landtagswahl, die nach einer Webseite benannt ist, erfreut sich breiter Unterstützung von Ex-Grünen bis zur Liste Hans-Peter Martin, an deren Erfolg bei der EU-Wahl (besonders in Vorarlberg) die Liste "vau-heute" offenbar anknüpfen will....  

Eure Kandidatur überrascht schon vom Namen. Ihr kandidiert als "www.vau-heute.at ". Was bedeutet das?

Bernhard Amann: Da ist zuerst das vau-heute. Das hat ein paar Leute beim ORF verärgert. Sie meinten, das Alphabet gehöre ihnen, weil sie eine Sendung "Vorarlberg-Heute" betreiben. Auf der Homepage haben wir das Signet der VN (Vorarlberger Nachrichten), der beherrschenden Vorarlberger Tageszeitung nachgebaut, und nun sind wir die erste "virtuelle Partei" die sich dazu auch bekennt und keine "Massenbasis" vortäuscht. Programmatisch sind alle Parteibezeichnungen eh der Beliebigkeit ausgesetzt, aber wenn der Name "vau-heute" etwas hergibt, es ist die Orientierung auf das Hier & Heute, auf eine moderne und aufgeschlossene Politik. Also heute Politik machen und nicht ideologisch auf den St. Nimmerleinstag oder gar ins Jenseits vertrösten.

Das klingt ja weniger visionär wie "www.vau-heute.at " vermuten lassen könnte?

Visionär schon - aber nicht illusionär. Die Menschen leben hier und jetzt. Sie wollen von der Politik wissen, wie man ihre Lebensumstände organiseren will, in welchem Rahmen sie ihr Leben planen können. Da muss man schon auf die Fahrbahn schauen. Gelegentlich auch im Rückspiegel den Verkehr kontrollieren. Politik die sich auf das Heute konzentriert ist auch von den Bürgern kontrollierbar, nachvollziehbar, mitbestimmbar. Es kommt darauf an, was man in den Köpfen der Menschen zu bewirken in der Lage ist, nicht auf die ganz grossen Entwürfe in wenigen Köpfen überragender Denker. Das sind oft nur Fortschritte auf dem Millimeterpapier. Aber plötzlich rückt man doch ein paar Felder vor.

Ihr fordert ein "Soziales Nulldefizit", eine "Soziale Landesverteidigung". Das klingt ja wie Grasser plus Platter?

Ja nicht ganz unabsichtlich. Wir halten das Nulldefizit-Geschwätz nicht nur politisch falsch, sodern auch ökonomisch. Kein Unternehmen verzichtet auf Kreditfinanzierung. Was unnötige Kosten im Budget bereitet sind soziale Defizite, die behebbar sind. So könnte die Förderung von Kindern in Gratiskindergärten und ganztägigen Schulen das Armutsrisiko für Familien und die Benachteiligung von Kindern aus sozial schwachen Familien weit mehr verringern, als wir es ohne diese Maßnahmen dann mit Ausgleichs- und Hilfszahlungen zu tun in der Lage sind. Dasselbe gilt auch für die Schuldenproblematik. Schon die Bibel sieht eine Entschuldung alle sieben Jahre vor, die sich christliche gebärdende ÖVP schaut aber zu, wie Frauen bis ans Lebensende auf Schulden sitzen. Für Frauen ist es am ärgsten. Sie können in den überwiegenden Fällen jetzt gar nicht entschuldet werden.

Und "Soziale Landesverteidigung"?

Soziale Landesverteidigung bedeutet zweierlei. Erstens die Mittel der Landesverteidung durch Abschaffung von Bundesheer und Zivildienst anders zu verwenden. Wenn man bedenkt, dass man mit den Heeresausgaben die letzte Pensionsreform gleich dreimal hätte finanzieren können, dann hätte man auch gleich die Pensionen erhöhen und die Beiträge senken können. Wobei wir zur Pensionsreform ja wohl als einzige auch etwas anderes als die dummen simplen Schlussrechnungen der "Pensionsexperten" anzubieten haben. Was ja überhaupt in dem ganzen System paradox ist, das ist doch das: Man behauptet, dass die ältere Generation der Senioren so überhand nehmen, dass die Jungen sie mit ihren Beiträgen nicht mehr finanzieren können.

Dann ist aber auch umgekehrt zu fragen: Wenn diese Senioren nur mehr grad noch Geld zum Überleben haben, wie sollen sie dann Konsumieren? Woher sollen dann die Arbeitsplätze für die Jungen kommen? Und zweitens ist es eine Kampfansage an die von allen Parlamentsparteien betriebene Aufhebung der österreichischen Neutralität. Österreicher sollen nie mehr in kriegerische Kampfhandlungen verwickelt sein, das war das Konzept der "immerwährenden Neutralität". Nun sind wir von Freundstaaten umzingelt, und das ist gut. Erstmals in der Geschichte sind wir keine umkämpfte Alpenfestung mehr. Das ist nun geradezu ein "Bodenschatz" den es zu heben gilt.

Der Vorteil aus dieser Lage hat ja auch andere Kosten, etwa den Transitverkehr. Also dürfen wir diesen Schatz auch heben. Im übrigen wäre eine Friedenspolitik wie sie unter Kreisky betrieben wurde, die zur Gründung der OSZE geführt hatte, die Aufgabe Europas. Die derzeitige Politik lässt diese Option vorsätzlich aus. Sie pendelt nur zwischen den Optionen Nato-Partner der USA zu sein oder Großmacht Europa zu werden. Darum unterstützen wir auch das Friedensvolksbegehren.

Frauenpolitik gibt es nicht bei "www.vau-heute.at "?

Sie können mich gleich auch nach der Umweltpolitik, nach der Dritten Welt, nach der Globalisierung fragen? Weil wir unser Programm nicht nach den klassischen Schubladen organisiert haben, heißt das noch lange nicht, dass wir uns für Frauen nicht interessieren. Bei allen anderen Vorarlberger Parteien - sogar nun bei den Grünen - läuft dieses Thema unter "Familie und Frau". Da macht man Purzelbäume, damit man man ja die feministischen Gruppierungen einbeziehen kann und die Hausfrauen auch unter das Dach des Programms bekommt. Wenn aber die Frauen die Hälfte der Gesellschaft ausmachen, dann sind sie es auch in unserem Programm, in unserer Politik, in unseren Forderungen, in unserer Kritik. Jede unserer politischen Forderungen trifft genauso Frauen wie Männer.

Gerade der Ruf nach einem sozialen Nulldefizit. Wir sagen und kritisieren auch: Während der Anteil wissenschaftlich ausgebildeter Personen und Akademiker in Finnland bei 40 % liegt, liegt er in Vorarlberg hinter Tschechien - an letzter Stelle der OECD-Staaten. Im Bundesdurchschnitt machen die Studienanfängerinnen an Universitäten 25,4 % der 18-21jährigen weiblichen Wohnbevölkerung aus. In Vorarlberg hingegen sind es lächerliche 17,6 % (Wien 35,9 % also mehr als doppelt so viele, Kärnten 30,5 %!). Absolut, also männliche und weibliche Studienanfänger sind es gar gänzlich abgeschlagene 16,1 %. Aber auch wenn man den nichtuniversitären Bereich mitberücksichtigt (Fachhochschulen,...), dann schaut das Bild nicht besser aus: Frauen in Vorarlberg 21,6 %, Bundesdurchschnitt 30,2 %, Wien 41,6 %, Kärnten 34,3 %. Da soll noch jemand in diesem geschindelten Landhaushüttchen Frauen, Bildung und Forschung in den Mund nehmen!

Das Bruttoinlandsprodukt Vorarlbergs geht seit Jahren zurück. Bei den Konkursen liegt Vorarlberg im Spitzenfeld. Die Umsatzzahlen in Handwerk und Gewerbe gehen in Vorarlberg am stärksten unter den Bundesländern zurück. Die Pensionen sind nur im Burgenland noch niedriger. Die Vorarlberger Pensionisten brauchen im Durchschnitt die zweithöchste Ausgleichszulage unter den Österreichern. Frauen verdienen - und so schlimm ist es nirgendwo in Österreich - im Durchschnitt beinahe nur die Hälfte dessen was Männer verdienen. Selbst bei den Unselbständigen ist es so: Bundesweit lag der Durchschnitt des Gesamtbetrages der Einkünfte der Männer - laut Einkommenssteuerstatistik 2001 - um 56,5 % über jener der Frauen. Am höchsten war die Differenz in Vorarlberg mit 64,7 %. Auf 100 Einkommenssteuerpflichtige kamen genau zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen. Den höchsten Männeranteil verzeichnete das Burgenland mit 71 % gefolgt von Vorarlberg mit 69,6 %.

Im Jahre 2002 haben die Vorarlberger sogar erstmals weniger Mehrwertsteuern abgliefert, weil sie kein Geld mehr zum Konsumieren haben. Bei einem Bevölkerungsanteil von 4,4 % hatte Vorarlberg 1992 noch 4,7 % der Mehrwertsteuerleistungen. Jetzt sind es nur noch 3,9 %. Von den Forschungs- und Entwicklungsausgaben Österreichs entfallen auf Vorarlberg gerade mal 2,2 %. Die größte Gruppe der Arbeitslosen verfügt nur über eine Pflichtschule und über eine Lehrausbildung. In Vorarlberg fallen 81,8 % der Bevölkerung in diese Gruppe. Die Maturantenzahl ist gerade in diesem Jahr nochmals um 2 % gefallen. Jeder 6. Frauenarbeitsplatz in Vorarlberg ist eine geringfügige Beschäftigung. Also wer ist davon betroffen? Frauen? Kinder? Lebenspartner? Oder sind sie es nicht alle und wechselseitig? Wir können nichts mit diesen Plastikworten Familienpolitk und Frauenpolitik in Vorarlberg anfangen. Damit produziert man Lügen und Scheinlösungen. Der rechtlichen Gleichstellung muss eine ökonomische folgen.

Aber wenn alles abwärts geht, wie Sie aus diesen Zahlen sehen, dann wird man zuerst den Ausländern Arbeit, Einkunft und Wohnrecht verweigern und dann auch den Frauen. Es ist ja tatsächlich so, dass die männlichen Landesbediensteten österreichweit die höchsten Gehälter haben, die Frauen die geringsten! Wenn man das kritisiert, dann sagen alle Parteien unisono, das sei das Ergebnis der hohen "frauenfreundlichen" Teilzeitbeschäftigungsquote im Landesdienst. Das ist doch die bare Lüge, dass dies frauenfreundlich sei. Man verweigert in Vorarlberg den Frauen den Vollzeitarbeitsplatz einfach durch fehlende Kinder- und Schuleinrichtungen. Noch bis in die Siebziger-Jahre des letzten Jahrhunderts wollte man die Frauen nicht im Vorarlberger Schuldienst. Das wirkt ja noch heute die Dollfuß'sche Idee nach, dass man Vollbeschäftigung dadurch sichern könnte, wenn man pro Familie nur einen Arbeitsplatz in Anspruch nimmt, dass die arbeitende Frau dem Mann den Arbeitsplatz wegnimmt. Die Diskussion um die Verlängerung der Arbeitszeit, wie sie vom Vorarlberger Wirtschaftsbundsekretär Kopf gefordert wird, will die Frauen gar nur noch an den legalen oder illegalen Beschäftigungsrand drängen.

Ja und wie sieht es dann wirklich mit der Ökologie aus?

Das Vorarlberger Rheintal ist nach dem Wiener Becken das dichtest besiedelte Land. Zwanzig Prozent der bewohnbaren Fläche ist verbaut. Ein europäischer Spitzenwert. Da soll mir jemand mit dem Plastikwort "ökologisches Bauen" kommen. Alle Vorarlberger Parteien sind fürs mehr Bauen, ausschliesslich finanziert von den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft! Oder: Wir haben ein dicht ausgebautes Straßennetz. Das kann man je nach Standort gut oder schlecht finden. Wenn dann aber die "Ökologen" kommen und sagen, sie wollen eine Ringstraßenbahn durch dieses Gebiet, dann muss ich schon fragen, ob sie allein den Aufwand an Primärenergie für dieses Projekt berücksichtigt haben.

Ob der finanzielle Aufwand dafür nicht auch besser und ökoligscher zur Senkung der Tarife im öffentlichen Personennahverkehr genützt werden könnte! Wahrscheinlich könnte man damit lange zum Nulltarif fahren. Damit wäre mehr für eine sinnvolle Änderung der Verkehrssituation getan. Ich sehe auch nicht ein, dass die kinderreichen Familien ohne eigenes Heim über den Strompreis die Solardächer der Villenbesitzer am Bödele bezahlen. Ich mag mich nicht darüber unterhalten, ob Vorarlberg ein oder zwei Golfplätze braucht, wenn die Kinder und Senioren in einem Land mit bald 400.000 Einwohnern grad mal noch zwei öffentliche Hallenbäder vorfinden.

Überraschung hat ausgelöst, dass Hans Peter Martin ihren Wahlkampf unterstützt - ist er da wirklich sehr aktiv?

Ob er ihn unterstützt, das werden wir erst noch sehen. Aber es ist richtig, er kommt mit Karin Resetarits und Kurt Köpruner zu unser Auftaktveranstaltung nach Dornbirn. Das ist schon eine Rückenstärkung. Zu Hans Peter Martin verbindet uns natürlich unsere gemeinsame Vorarlberger Geschichte. Nicht zu vergessen sein erstes Buch "Nachtschicht", wo er die Arbeitswelt in der Vorarlberger Textilindustrie inkognito recherchierte. Diesen Menschen, die man im damaligen "Textilländle" ausbeutete, hat er damals ein Gesicht und eine Identität gegeben. Das war gar nicht so viel anders als es heute in der Textilindustrie in den Schwellenländern ist, für die wir uns heute immer wieder global solidarisieren. Dann haben wir auch unser gemeinsames Anliegen nach Demokratie und Kontrolle. Von Bregenz bis Brüssel sozusagen. Alle Parteien schimpfen mehr oder weniger offiziell auf Brüssel. Aber im Landtag in Bregenz gibt es einen ÖVP-Abgeordenten, der ist so fleissig, dass jedes Wort von ihm so viel Geld einbringt, wie eine Vorarlberger Familie für ein ganzes Jahr Heizkostenzuschuss erhalten kann. Das sind Pfründe! 7000 Euro pro Sitzungstag! Da ist unsere Forderung nach einem Abendparlament schon kompatibel mit der Politik von Hans Peter Martin.

Und er hat mit seinem Wahlerfolg schon auch ein bisschen die vier müden Parteien an ihre politische Sterblichkeit erinnert. Natürlich sind wir auch froh über solche Kontakte und brauchen sie. Sie ermöglichen uns Zugang zu Informationen und Entscheidungen außerhalb des Landes. In Wien, in Brüssel, in Straßburg. Wir sind nicht das Ausführungsorgan einer Parteizentrale wie sie die anderen Parteien in Wien oder Klagenfurt haben. Wir führen miteinander einen offenen engagierten Dialog aus der Position persönlicher und organisatorischer Unabhängigkeit. Aber ich denke schon, dass Hans Peter Martin und der zweite Vorarlberger Kurt Köpruner mit diesem Besuch auch den Vorarlbergern helfen wollen. Solche sind sie ja wohl geblieben. "Vorarlberger im Exil", wie es ja tausende gibt, denen die verkarstete Politiklandschaft hier zu eng geworden ist. Die sich erinnern, dass es hier schwer ist. Und vielleicht entsteht daraus eines Tages auch noch mehr.

Stichwort "Abendparlament": Das klingt doch nach Ehrenamt. Ist das nicht sehr konservativ?

Da muss man etwas auseinanderhalten. Ehrenamtlich eine Aufgabe zu verrichten, gereicht jemanden - wie der Name sagt - zur Ehre. Das ist etwas ganz anderes als die jetzt auch von Landeshauptmann Sausgruber propagierte Förderung des Ehrenamtes, die man gar in die Landesverfassung aufgenommen hat. Dort geht es um den Ersatz der sozialen Sicherungssysteme durch unbezahlte Arbeit, durch Fronarbeit. Das ist durch sozialen Druck erzeugte Fronarbeit. Eine solche ist aber schon einmal ökonomisch falsch, weil mit unbezahlter Arbeit kann man auch nichts kaufen und produziert somit keinen "Mehrwert", kein Bruttosozialprodukt.

Das ist auch aus humaner Sicht falsch, weil sozial Bedürftige auf ehrenamtliche Leistungen keinen einklagbaren Anspruch haben. Das ist nur schlimme und dumme Propaganda. Wir wollen tatsächlich, dass das wirkliche "Ehrenamt", denken wir nur an Rettungs- und Katastrophenhelfer, entlohnt wird. Die Landtagsabgeordneten sollen wie es auch die Gemeindevertreter im Land erhalten, für ihre neun Sitzungen im Jahr ein angemessenes Sitzungsgeld erhalten. Mit den eingesparten Millionen könnte man tausende von wirklich ehrenamtlich Tätigen ­ etwa auch in den Selbsthilfe- und Frauengruppen - sozial- und rechtsschutzversichern. Der größte Teil der ehrenamtlichen ­ ehrlicher formuliert: unbezahlten - Tätigkeiten werden nämlich von Frauen verrichtet.

Damit wären sie zumindest in einem geringen Ausmaß auch bezahlt. Ihre Arbeit nicht ganz umsonst. Zum anderen ist der Abendlandtag eigentlich die Idee um einen selbständigen Vorarlberger Landtag zu erhalten. Es gibt ja bereits die Vorschläge die Landtage der Bundesländer aufzulösen, durch einen Österreichweiten Generallandtag zu ersetzen. Österreich ist ungefähr so groß wie das deutsche Bundesland Bayern und besteht aus neun Ländern. Die haben rechtlich auch keine besondere Bedeutung mehr, keine besonderen Aufgaben. Wir wollen dass die Landtagsabgeordneten wie bei der Gemeinde an Verwaltungsaufgaben mitwirken können. Das wäre eine Aufgabenerweiterung und Demokratisierung. Die Verkehrswege ins Landhaus sind kurz, man braucht für neun Sitzungen keine aufwändigen Diäten und Bezüge.

Das sind andere Voraussetzungen als zur Zeit Bismarcks, als die Diätenforderungen für Politiker entstanden, als etwa die Sozialdemokraten ihre Wahlerfolge im deutschen Reichstag nicht umsetzen konnten, weil die ehrenamtlichen sozialdemokratischen Arbeiter-Abgeordneten nicht tagelang ohne Kostenersatz von ihrer Arbeit fernbleiben konnten. Das gilt doch hier nicht und erst recht heute nicht. Da hat ja noch jeder Abgeordnete neben seinem Landtagsbezug eine hauptamtliche bezahlte Beschäftigung. Damit wird auch kein Kostenersatz bezahlt sondern Schweigegeld, Zustimmungsprämien. Es ist ja auch offenkundig, dass mit dem Abendlandtag keine schlechtere politische Personalauslese denkbar ist.

Das ist ja fast ein Regierungsprogramm. Ist das wirklich die Aufgabe einer Opposition? Sollte man sich da nicht beschränken?

Nein, nein, nein! Gerade das Verständnis von Opposition ist bei unseren Oppositionsparteien überhaupt unausgeprägt. Daher betteln sie auch alle gleich um ein Regierungsamt, wie Bettelstudenten um einen Ferialjob. Was ist denn Opposition? Die gibt es ja in dieser Reinkultur gar nicht. Wo haben den etwa die Grünen mehr für die Ökologie erreicht? In der oberösterreichischen Landesregierung oder in der Hainburger Au als sie noch nicht mal im Parlament saßen? Hat Haider als "Oppositionsführer" in der SPÖ-ÖVP-Regierungskoalition nicht genügend ausländerfeindliche Politik und Maßnahmen des SPÖ-Innenministers erreicht? Opposition muss Einfluss nehmen, muss die möglichen Millimeter der Regierung und Verwaltung durch geschickte Politik, durch Mobilisierung, durch Thematisierung abringen.

Die Opposition hier nur als mögliche Alternativregierung zu sehen, wie das lange im englischen Zweiparteiensystem und gar auch noch beim Theoretiker der offenen Gesellschaft Karl Popper formuliert wurde, übersieht nicht nur, dass es die klassische Gewaltenteilung nur mehr in den Lehrbüchern gescheiter Professoren gibt sondern auch, dass dies in einem Mehrparteiensystem nicht funktionieren kann. Man kann auch die Menschen mit ihren berechtigten Anliegen und Sorgen nicht erst auf den Tag nach der errungenen Mehrheit vertrösten. Gerade auch das pluralistische Mehrparteiensystem bietet mit etwas Fantasie und Engagement auch Koalitionsmöglichkeiten in Regierung und Verwaltung hinein, wie das gerade auch in der österreichischen Frauenpolitik immer wieder anklingt.

Und Wahlzeiten sind immer günstige Zeiten für die von der Opposition vertretenen Bevölkerungsgruppen. Da entdecken auch die Regierenden nicht ungern deren Anliegen, wenn man sie nur stark und emsig genug mobilisiert hat. So fällt auf, dass fünf Wochen vor der Landtagswahl nach fünf Jahren Sparfloskeln in Vorarlberg über nacht die Mittel für Bildung vervielfacht und der Zugang zur Wohnbeihilfe für Alleinerzieherinnen erleichtert worden ist. Das ist kein Zufall. Das geschieht nur weil man das Thema aktualisiert, die Menschen dafür mobilisiert sind. Die Regierenden auch an ihre politische Sterblichkeit erinnert hat....

Auf der Liste vau-heute.at kandidieren:

Bernhard Amann, Selbständiger,  Sabine Lenz, Sozialarbeiterin, Roman Zöhrer, Jugendarbeiter, Rainer Roppele, Stellenleiter,  Verena Raid, Drogenberaterin, Roy Bösch, Seminarhausleiter, 7. Anja Seeberger, Dipl. Psych. Krankenschwester,   Franz Bickel, Hauptschullehrer, Harald Josef Frank, Laborant, Christian Neyer